Posted on: April 3, 2021 Posted by: Dirk Wüstenhagen Comments: 0
Osterhase_und_Ei_pixabay

Der Osterhase genießt als Symbol zu Ostern große Popularität, erfreut er doch am Ostersonntag als Eierbringer Groß und Klein. Doch wie ist der niedliche Nager eigentlich zu seinem österlichen Job gekommen?

Alle Jahre wieder: Kaum sind die letzten Weihnachtsbäume dem Schredder zum Opfer gefallen und Lichterketten und Weihnachtsschmuck, fein säuberlich in Kisten verpackt, im Keller oder auf dem Speicher eingemottet, betritt er die Bühne. Jeder kennt ihn, jeder mag ihn und jeder freut sich auf ihn, den Osterhasen. Vor allem als Schoko-Hase, ob mit goldfarbenem Pelz mit Glöckchen um den Hals oder Iila-farben mit einem Schmunzeln im Gesicht, bevölkert er in Scharen, häufig bereits wenige Wochen nach dem Jahreswechsel die Regale in den Süßwarenabteilungen der Kaufhäuser und Lebensmittelmärkte. Seinen Kollegen, den aus gleichem Material gefertigten Nikoläusen und Weihnachtsmännern, macht er gnadenlos den Garaus.

Beliebt ist „Meister Lampe“, wie der possierliche Nager im Volksmund auch genannt wird, vor allem bei den Kindern; nicht nur, weil sie in der Regel Schokolade und sein niedliches Aussehen lieben, sondern weil er den lieben Kleinen – so will es der Brauch – am frühen Morgen des Ostersonntags die Ostereier und andere Leckereien bringt. Dabei macht er sich einen Spaß daraus, die österlichen Gaben im Garten oder im Haus zu verstecken und die Geduld der Kinder zur Freude der Eltern auf so manche harre Probe zu stellen. Der Hoppler kann mit Fug und Recht von sich behaupten, mit Abstand das populärste Ostersymbol zu sein. Doch wie ist das gesellige „Langohr“ überhaupt zu seinem Job als österlicher Eierbringer gekommen?

„Meister Lampe“ mit Nachwuchs reich gesegnet

Die Frage ist berechtigt, denn das natürliche Abbild des Osterhasen, der Feldhase, ist ein Säugetier. Er legt keine Eier, auch malt er sie nicht an und ebenso wenig sucht er den Kontakt zum Menschen. Im Gegenteil: Lepus europaeus, so die wissenschaftliche Gattungsbezeichnung, ist von Natur aus menschenscheu; er nimmt schnellstens Reißaus, wenn er mit seinem. ihm angeborenen ausgeprägten Geruchssinn einen Homo sapiens selbst in gebührendem Abstand nur wittert. Dennoch gilt „Meister Lampe“ seit den Frühzeiten des Christentums als Symbol des Osterfestes. Die Verbindung zu Ostern erklärt sich durch den Tatbestand, dass er als besonders fruchtbares Tier mit Nachwuchs reich gesegnet ist und daher seit Urzeiten als Sinnbild des Lebens angesehen wird.

Seine Jungen erblicken mit als erste in der Tierwelt zu Beginn des Frühjahres. Im März April, das Licht der Welt. Erblickten früher die Menschen einen Hasen mit seinen Jungen, wussten s1e, der Winter ist vorbei. Ebenfalls im Frühjahr, nämlich stets am Sonntag nach dem ersten Frühjahrsneumond, also frühestens am 22. März und spätestens am 25. April, feiern wir Christen mit dem Osterfest die Auferstehung Jesu Christi und damit den Sieg des Lebens über den Tod.

Ostern – das Fest des Lebens

Ostern ist neben Weihnachten das höchste Fest der Christenheit. Der biblischen Überlieferung nach war der menschgewordenen Sohn Gottes drei Tage zuvor, am heute bezeichneten Karfreitag, den qualvollen Tod am Kreuz gestorben. Anhänger des Messias nahmen noch am seihen Tag mit Erlaubnis des römischen Stadthalters von Judäa, Pontius PiIatus, den Leichnam Jesu Christi vom Kreuz ab und setzten diesen in einer Gruft, die sich in einem Garten, nahe der Kreuzigungsstätte Golgatha befand. nach jüdischem Ritual bei. In den frühen Morgenstunden des Ostersonntags, unmittelbar nach Sonnenaufgang, soll Maria Magdalena, eine enge Vertraute Jesu, die Grabesstätte aufgesucht und die Gruft, in der Leichnam Jesu beigesetzt worden war, geöffnet und leer vorgefunden haben. Jesus war vom Tode auferstanden, das Leben hat über den Tod gesiegt.

Heidnische Wurzeln

Ungeachtet der biblischen Sichtweise hat das Osterfest erwiesener Maßen jedoch auch heidnische Wurzeln, wobei sich an der Frage der Herkunft noch heute die Geister scheiden. Während die einen der Meinung sind, das Wort stamme von einem heidnischen Frühlingsfest mit Namen .,Ostarum“ ab, leiten andere den Bezug von der germanischen Frühlingsgöttin „Ostara“ ab. Wiederum andere vermuten den Ursprung von bzw. für Ostern in der Himmels-richtungsbezeichnung ,,Ost“. Im Osten geht bekanntlich die Sonne auf und wie im Osten die Sonne die Nacht mit ihrer Dunkelheit und Kälte beendet, kündigt sich im Osten mit den immer länger werdenden Tagen und der immer wärmer strahlenden Sonne im März und April das endgültige Ende des Winters an, der zuvor mit Schnee, Eis, Frost und Dunkelheit die Natur in einen todesähnlichen Zustand versetzt und Menschen wie Tiere vor existenzielle Herausforderungen gestellt gehabt hat. Mit dem Frühjahr erweckt die Natur zu neuem Leben; die Zeit der Not und des Leidens ist vorbei.

Für die Menschen in grauer Vorzeit, die weit naturverbundener lebten als wir heute, war dies allemal ein Grund zu feiern und so mag die Vorstellung durchaus einleuchten, dass sie den allgemeinen Glückszustand, der sich alljährlich zum Frühjahresbeginn in Gestalt der allmählich wieder erweckenden Natur vor ihnen ausgebreitet gehabt hat, zum Anlass genommen haben, ihren Naturgöttern mit einem besonders heiligen Fest Ehre und Dankbarkeit zu erweisen. Daher wohl auch die eingangs erwähnte Termingebundenheit des Osterfestes an den Mondkalender, die von der frühchristlichen Kirche wohl übernommen worden ist, wie überhaupt in der frühchristlichen Zeit die Integration heidnischer Feste und Bräuche Gang und Gebe gewesen ist, um den Menschen die Konvertierung zum neuen Glauben zu erleichtern.

Im jährlichen Kirchenkalender läutet der Ostersonntag übrigens die Osterzeit ein, die 50 Tage bis einschließlich Pfingsten andauert. Auf jeden Fall älter und ein Vorläufer des christlichen Osterfestes ist das jüdische Paschafest, das an die Im Alten Testament geschilderte Rettung der Israeliten aus der ägyptischen Gefangenschaft erinnert und aus deren Anlass in den jüdischen Familien ein Lamm geschlachtet und verzehrt wird. Das Paschafest bildet denn auch den zeitlichen Rahmen für die christliche Ostergeschichte.

Der Feldhase als Symbol für Ostern und in seinem Job als Eierbringer.

Mondtier und Symbol für Christus

Zurück zum Hasen und zu Ostern: Der Nager gilt als Mondtier; ihm wird somit eine besondere Beziehung zum Erdtrabanten nachgesagt. Eben diese besitzt auch das Osterfest infolge seiner terminliehen Abhängigkeit vom Mondkalender. Eine weitere Parallele besteht dann, dass ihm in der Vorstellung der Menschen immer schon ein spezielles Verhältnis zum Göttlichen nachgesagt wurde. So war er im Altertum das Lieblingstier der griechischen Liebesgöttin Aphrodite – was angesichts seiner Lebensfreude, seiner Potenz und seinem Eifer bei der Fortpflanzung nicht verwunden – und der germanischen Erdgöttin Holda. Auch fungierte er als Götterbote und stand ebenso der germanischen Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin Ostara nahe, deren Namen nun einmal eine auffällige Affinität zum Begriff Ostern aufweist.

Hase und Ei

Wie das Langohr ist das Ei das Ostersymbol schlechthin. Dies verwundert nicht, denn in vielen Regionen ist das Ei das Sinnbild für neues Leben und Wiedergeburt; es symbolisiert den Triumph des Lebens (das Küken, das aus dem Ei schlüpft) über den Tod (die leblose Schale, die das Küken beim Schlüpfen durchbricht) und passt daher geradezu ideal zum österlichen Ritus.

Dabei besitzt das Ei als Symbol mehr noch als „Meister Lampe“ heidnische Ursprünge. [malten Ägypten, in Phönizien und Persien wurde es als Ursprung der Welt angesehen; alles Leben aus einem mystischen Ei schlüpfte, dass eines Tages vom Himmel gefallen war. Im alten Rom und im antiken Griechenland wurden während der Frühlingsfesttage die Tempel mit Eiern dekoriert; auch existierte bereits der Brauch, zu den Frühlingsfesten Eier zu bemalen oder zu färben und sie guten Freunden als Geschenk zu überreichen. Bevorzugte Farbe war dabei rot, die Farbe des frischen Blutes und somit des Lebens. Mädchen, die während der Friihlingsfesttage ihre erste Monatsblutung bekamen, wurden als heilig verehrt.

Die Eiersuche – ein herrlicher Familienspaß

Wie der Hase hat das Ei und das Eierbemalen und -färben erfolgreich Eingang in die christlichen Oster-Rituale gefunden. Lediglich der heidnische Brauch, zu den Frühlingsfesten die Eier als Geschenk an Freunde zu überreichen, ist auf der Strecke geblieben. Den frühchristlichen Kirchenvätern waren heidnische Sitten und Gebräuche- auch wenn sie sich diese zu Nutze machten – ein Dorn im Auge; sie untersagten daher kurzerhand zum Fest der Wiedergehurt Christi das Überreichen der Eiergeschenke.

Die frühen Christen, die den Brauch nicht aufgeben, sich aber auch nicht der Gefahr aussetzen wollten, bei dessen Ausübung erwischt und mit teilweise drakonischen Strafen sanktioniert zu werden, halfen sich offensichtlich damit, die Eier eben nicht mehr zu verschenken, sondern sie im Schutze der Morgendämmerung im Garten, auf Wiesen und Feldern oder im Wald zu verstecken und in der Regel von den Kindern suchen zu lassen – ein herrlicher Familienspaß, der als Osterbrauch auch heute noch aller Ortens gepflegt wird. Bleibt die Frage, wie und warum ausgerechnet „Meister Lampe“ der Job des Eierbringen und -verstecken zugefallen ist.

Premiere vor gut 350 Jahren

Die Idee, dem „Langohr“ diesen Job auf·s Auge zudrücken, ist noch nicht sehr alt und soll der Beobachtung entlehnt sein, dass die Nager in früheren Zeiten nach langen, harten Wintern nicht selten in die Dörfer kamen, um Futter und Nahrung zu suchen. Dieses für ein Wild- und Fluchttier recht ungewöhnliche Verhalten soll die Phantasie der Menschen dahingehend angeregt haben, den Hasen am frühen Morgen des ersten Osterfeiertages die Ostereier überbringen und verstecken zu lassen. Für die Rolle als Osterhase brachte er ideale Voraussetzungen mit, da er auf Kinder durch seine Flinkheit und sein niedliches Aussehen offensichtlich glaubwürdiger wirkte als beispielsweise die Hennen, die zwar Eier legten, aber keine bunten.

Obwohl seit Urzeiten im „österlichen Geschäft“ mit von der Partie, hat das Langohr den Job als Osterhase erst seit gut 400 Jahren inne. Die Figur findet erstmals Erwähnung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in einem Text des Heidelberger Medizinprofessors Georg Franck. Bis dahin waren auch andere Tiere als Überbringer der Ostereier in Erscheinung getreten – so zum Beispiel der Fuchs in weiten Teilen Westfalens und somit wohl auch im Bergischen Land. In anderen Regionen waren es der Kuckuck, der Storch, der Hahn, der Kranich oder auch der Auerhahn, der den Kindern die Eier ins Nest legte. Bekannt ist auch die, von der römisch-katholischen Kirche propagierte Weise, nach der die Kirchenglocken am Gründonnerstag nach Rom fliegen, um dort den päpstlichen Segen zu empfangen. In der Osternacht kehren sie zurück und verlieren aus Freude über die Wiedergeburt Christi und die Begegnung mit dem Heiligen Vater die süßen Gaben, die sie in der ewigen Stadt erhalten hatten. Diese verteilen sich über das Land und beglücken am Morgen des ersten Ostern die Kinder, wenn die sie denn finden.

Nicht überall ein Superstar

Seine Mitbewerber als österlicher Eierüberbringer hat „Meister Lampe“ eindrucksvoll ins Feld geschlagen. Der triumphale Siegenzug des Osterhasen beginnt in Deutschland mit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, wobei ihm erst die zunehmende Kommerzialisierung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges den absoluten Durchbruch beschert. Der niedliche Hoppler wird zur österlichen Werbeikone und Kultfigur und kann sich nahezu weltweit durchsetzen. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel: In Frankreich beispielsweise taucht er im Zusammenhang mit Ostern (Paques) überhaupt gar nicht auf. Seinem natürlichen Ebenbild, dem Feldhasen, fechten das Osterfest und der Trubel um seinen österlichen Artgenossen nicht an. Lepus europaeus hat alle Hände voll zu tun; er muss sich um seinen Nachwuchs kümmern.

Dabei galt er vor kurzem als bedrohte Tierart und stand auf der roten Liste. Die Bestände haben sich zwischenzeitlich jedoch erholt, so dass der Feldhase auch im Bergischen wieder häufiger gesichtet wird. Normalerweise entzieht er sich menschlichen Blicken. Doch vielleicht läuft einem ja der schnelle, schlaue und mutige Geselle während des Osterspaziergangs über denWeg. Dann kann man von sich wahrlich behaupten: „Ich habe den Osterhasen gesehen“. In diese Sinne: ein frohes Osterfest.

Bilder: coinnabarbara-pixabay

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