
Die bergischen Drei: Mit dem Cabriobus durch Remscheid – 2-stündige Stadtrundfahrt bietet besonderes Erlebnis – Nicht nur „Hergeloopene“ unter den Fahrgästen – Seestadt auf dem Berge birgt selbst für Einheimische noch so manche Geheimnisse
Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erzählen, oder – wie es im heimischen bergischen oder Remscheider Platt heißt: „vertelllen!“. Und „vertellen“ dürften die Teilnehmer der Stadtrundfahrt, die von der aus dem Strukturprogramm der Regionale 2006 entwachsenen Agentur “Die bergischen Drei“ angeboten und veranstaltet wird, Einiges gehabt haben, nachdem sie dem außergewöhnlichen Gefährt, einem Doppeldeckercabrio-Bus schwedischen Typs, nach gut zweistündiger Fahrt durch die bergische Werkzeugstadt und ihre Umgebung am Schützenplatz vor dem Bismarckturm wieder entstiegen sind.
„Hast Du das gewusst?“ hört man die „Zurückgekehrten“ auf dem Weg zu ihren Autos auf dem Schützenplatz fragen. Unter ihnen sind kaum Auswärtige oder „Hergeloopene“, wie der „Alt-Remscheider“ in historischer Verbundenheit selbst die Bewohner der beiden Remscheider Stadtteile Lennep und Lüttringhausen liebevoll zu nennen pflegt. Der überwiegende Teil der gut 30 Passagiere, die auf dem oberen Deck des Doppeldeckercabrio-Busses ihren Sitzplatz eingenommen haben, sind aus Remscheid selbst oder der näheren Umgebung.
Doppeldeckercabriobus – durch Remscheid Foto: D.Wüstenhagen Doppeldeckercabriobus – Am Remscheider Rathaus Foto: D. Wüstenhagen
„Ich lebe seit 40 Jahren in dieser Stadt; allerdings in Lennep; da wird es endlich mal Zeit, auch diesen Teil von Remscheid etwas besser kennen zu lernen”, lacht einer der Fahrgäste. Die Stadtrundfahrt mit dem Doppeldeckercabrio-Bus biete dazu die willkommene Gelegenheit“, sagt der Bürger aus dem Remscheider Stadtteil, der bis 1929 Kreisstadt des Kreises Lennep war. Lennep war tatsächlich einer der größten Flächenkreise in Preußen uns wurde mit nur einer Stimme Mehrheit nach Remscheid eingemeindet – ein Ereignis, dessen Erinnerung in dem Stadtteil, der nach Wipperfürth die zweitälteste Stadt im Bergischen Land gewesen ist, bis heute so manche alte Wunden aufreißen lässt.
Trocken und sonnig – kein typisches Remscheider Wetter
Das Wetter meint es an diesem Nachmittag gut mit den Fahrgästen. Es bleibt die ganze Fahrt über trocken, was für Remscheid meteorologisch nicht unbedingt der Regelfall ist, zählt die Werkzeugstadt – wie die gesamte Region – doch zu den regenreichsten Gebieten der Republik; nicht ohne Grund sagt der Volksmund, dass in der „Seestadt auf dem Berge“ die Kinder mit dem Regenschirm auf die Welt kommen.
Apropos: “Seestadt auf dem Berge“? Der Beinamen der Werkzeug Stadt löst doch einige fragende Blick aus; die Antwort jedoch lässt nicht lange auf sich warten. „Den Namen ‚Seestadt auf dem Berge‘ verdankt Remscheid den hier ansässigen Werkzeugherstellern, die schon vor gut dreihundert Jahren ihre Produkte in alle Welt exportiert haben und in Übersee, vor allem Nord-und Mittelamerika, sogar mit eigenen Filialen und Handelsvertretungen an den Märkten präsent gewesen sind“, erklärt Andreas Fries von der Agentur “Die bergischen Drei“. Der 50-jährige kennt die Remscheider Stadtgeschichte aus dem Effeff; und das kommt nicht von ungefähr, ist er doch – wie er selbst nicht ohne Stolz zum Besten gibt – in den damaligen Städtischen Krankenanstalten an der Burger Straße geboren und somit ein waschechter Remscheider.

Vorsicht Ast!
Doch nicht nur die für die Remscheider Historie wichtigen Daten, Fakten und Personen hat der Stadtführer drauf; er weiß auch um die Tücken, die die Fahrt mit den zwei Meter breiten und vier Meter hohen Doppeldecker-Bus bergen kann, zumal wenn das Dach geöffnet ist. „Remscheid ist nicht nur eine Stadt im Grünen, sondern auch eine grüne Stadt mit sehr schönen Baumalleen, die allerdings für Sie auf dem Sonnendeck die Gefahr bergen, dass Sie ein schmerzhaftes Andenken davontragen, sollten Sie gerade dann aufstehen, wenn wir eine solche Allee passieren.
Also bitte möglichst auf den Plätzen sitzenbleiben“, warnt Fries seine Fahrgäste, bevor der 400 PS-starke Motor des Doppeldeckercabrio-Busses schwedischen Fabrikats seine Pferdestärken entfaltet und das eindrucksvolle Fahrzeug den Schützenplatz in Richtung Quimper-Platz und dem dortigen Polizeipräsidium verlässt.
Wenige Augenblicke später fährt der Bus auf der Martin-Luther-Straße unter den dortigen Bäumen her; und im Nu wird jedem der etwa 30 Fahrgäste klar, wovor und warum der Stadtführer so eindringlich gewarnt hat. Immer wieder knirscht es im Geäst, wenn die Aufbauten des Busses den einen und anderen herunterhängenden Ast streifen. Die Passagiere halten sich an die Warnung und natürlich kommt niemand Schaden, was von Fries am Ende der Hindenburgstraße mit Erleichterung registriert wird.

Zentralpunkt – hier schlägt das Herz des Südbezirks
Der Doppeldeckercabrio-Bus biegt in die steil ansteigende Alleestraße Richtung Zange und Rathaus ein; die 400 PS kommen voll zur Geltung und das müssen sie auch, weist die Strecke doch hier eine mächtige Steigung auf. Nur einige Momente später ist es geschafft; lenkt Busfahrer Joachim Wasilew sein nicht gerade unauffälliges Fahrzeug routiniert und gekonnt durch die enge Rechtskurve vor dem 1906 erbauten schmucken Verwaltungsbau und folgt der Straße bis zur Einmündung in die Hochstraße. von dort aus geht es via der Rückfront und dem Parkhaus des Allee-Centers zur Elberfelder Straße, die den Bus am Friedrich-Ebert-Platz, dem zentralen Remscheider Busbahnhof, vorbei zum „Markt“ und von dort aus, rechter Hand den Remscheider Bahnhof und die sogenannte Blumeninsel passierend zur Unterführung, wo der Doppeldecker-Bus in die Bismarckstraße einbiegt und dieser bis zum Zentralpunkt folgt. „Hierschlägt das Herz des Remscheider Südbezirks“, erklärt Fries; und der Stadtführer weiß auch gleich die passende Anekdote hinzuzufügen –nämlich, dass von den älteren Remscheidern der Zentralpunkt auch Handweiser genannt worden ist und heute noch genannt wird.

Vaillant – ein Hase hoppelt um die Welt
Der Bus biegt in die Berghauser Straße ein und folgt dieser bis zum Verwaltungsgebäude der Firma Vaillant. „Das Weltunternehmen mit dem Hasen als Emblem hat hier ihren zentralen Sitz“, erzählt Fries, während der Bus wenige Meter weiter das Remscheider Gründungszentrum, die Technologiefabrik Remscheid, kurz TFR (TFR), passiert und links liegenlässt, um durch das hinter dem neu errichteten Ausbildungszentrum desursprünglichen Heizgeräteherstellers gelegene Gewerbegebiet die Lempstraße zu erreichen, wo die einstige Verwaltung eines weiteren, weltberühmten Unternehmens, das in Remscheid seinen Ursprung gehabt hat, angesiedelt gewesen bzw. heute noch angesiedelt ist: der Mannesmann-Konzern.
Schrägwalzverfahren und nahtloses Rohr
„Dessen Keimzelle hat sich hier im Ortsteil Bliedinghausen befunden, wovon heute nicht nur das Werk, sondern ebenso die von den Mannesmännern errichteten Villen zeugen“, plaudert Fries aus dem Nähkästchen der Remscheider Stadt- und Industriegeschichte, während der Bus auf der Bliedinghauser Straße Richtung Wermelskirchen an jener historischen Werkshalle vorbeifährt, in der die Unternehmensgründer, die Brüder Max und Reinhard Mannesmann 1885 eines der wohlbahnbrechendsten Verfahren des Industriezeitalters entwickelt gehabt haben.

Die Rede ist vom Schrägwalzverfahren zur Herstellung nahtloser Rohre – eine wahrlich epochale Entwicklung, die die damalige Technik in nahezu allen Industriezweigen revolutioniert gehabt hat; der Grund: dadurch, dass die Mannesmann-Röhren keine Schweißnaht mehraufgewiesen gehabt haben, sind sie gegenüber herkömmlichen Röhren weitaus stabiler und druckbeständiger gewesen. Die Gefahr von infolge zu hohen Drucks platzender Rohrleitungen ist durch das Mannesmann-Verfahren nahezu gebannt worden. „Die Mannesmänner haben aber nicht nur Röhren hergestellt, sondern neben Maschinen und Werkzeugen an der Lempstraße auch Autos gebaut.“ Diese seien unter der Marke “Mannesmann“ bis in die 1930er Jahre vertrieben worden, so der Stadtführer, der seine Ausführungen plötzlich unterbrechen muss, weil Joachim Wasilew mit seinem zwölf Meter langen Transportmittel beinahe falsch abgebogen wäre. Es wird eng; doch nach zweimaligen Zurück- und Vorsetzen ist der Bus wieder auf dem richtigen Kurs. „Das ist unsere erste Remscheid-Fahrt in diesem Jahr; hinzukommt, dass wir die Tour im Ablaufetwas umgestellt haben und insofern heute unsere Jungfernfahrtabsolvieren“, erklärt Fries, dass es hier und da durchaus etwas haken kann.
Und weiter geht es in Richtung Eschbachtal…
Fortsetzung?
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