
CDU-Schwergewicht Hardt verpasst Wiedereinzug in den Bundestag
Wuppertaler Christdemokrat muss im Wahlkreis 103 (Solingen-Remscheid-Wuppertal II) SPD-Mitbewerber Ingo Schäfer den Vortritt lassen / Union behauptet in beiden Kreisen Position als stärkste politische Kraft / SPD hat im Städtedreieck klar die Nase vorn / Grüne und FDP mit starken Ergebnissen / Partei Die Linke stürzt ab
Die Schlacht ist geschlagen. Die erste Bundestagwahl ohne Angela Merkel als Amtsinhaberin und Kanzlerkandidatin der Union ist Geschichte. Wahlsieger sind die SPD und ihr Kanzlerkandidat Olaf Scholz, wenngleich das Ergebnis mit einem Vorsprung von 1,6 % vor der CDU denkbar knapp ausgefallen ist.
Bundesweit stark abgeschnitten haben Bündnis 90/Die Grünen, die mit 15,0 % (Zweitstimmen) ihr historisch bestes Resultat bei einer Bundestagswahl haben einfahren können, allerdings durch das eher schwache Abschneiden ihrer Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock – hinter Scholz und Laschet nur auf Platz 3 – weit hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben sind.
Die FDP darf sich ebenfalls über historisch Erreichtes freuen, ist es der liberalen Partei doch in ihrer Geschichte erstmals gelungen, zum zweiten Mal in Folge mit einem zweistelligen Ergebnis (bei den Zweistimmen) in den Bundestag einzuziehen.
Zu den Wahlverlierern müssen neben der CDU die AfD und die Partei „Die Linken“ gerechnet werden. Während die Rechtspopulisten ihr Ergebnis von vor vier Jahren gerade einmal bestätigen können, ist die Nachfolgepartei der PDS unter die Fünf-Prozent-Hürde abgestürzt. Nur dank dreier gewonnener Direktmandate haben die Linken das Ausscheiden aus dem Bundestag abwenden können.
CDU – vorne in den Kreisen, Absturz im Städtedreieck
Nicht unbedingt im Bundestrend haben die Wahlberechtigten im Bergischen votiert. So hat die so schwergebeutelte CDU entgegen dem bundesweiten Absturz in der Wählergunst sowohl im Oberbergischen (Wahlkreis 99) mit 27,7 % (= 44.018 Zweitstimmen) als auch im Rheinisch-bergischen Kreis (Wahlkreis 100) mit 27,4 % (= 48.268 Zweitstimmen) trotz herber Stimmenverluste ihre Position als stärkste politische Kraft behaupten können.
Auch die jeweiligen Wahlkreiskandidaten der Union – Dr. Carsten Brodesser im Oberbergischen Kreis (33,9 % = 53.757 Erststimmen) und Dr. Hermann-Josef-Johann Tebroke im Rheinisch-bergischen Kreis (30,0 % = 52.680 Erststimmen – haben ihre Mitwerber der anderen Parteien auf die Plätze verweisen und mit dem Gewinn der Direktmandate den direkten Einzug in den Bundestag geschafft.
Weniger glücklich ist der Urnengang für den CDU-Wahlkreiskandidaten im gemischten Wahlkreis 103 (Solingen-Remscheid-Wuppertal II.), Jürgen Hardt, verlaufen. Der noch-außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der den Wahlkreis dreimal in Folge für sich hat entscheiden können, hat diesmal seinem SPD-Herausforderer Ingo Schäfer den Vortritt lassen müssen. Hardt hat 27,6 % (= 44.771 Erststimmen) auf sich vereinigen können – zu wenig, sind auf Schäfer mit 32,6 % (= 52.864 Erststimmen) fast 8.000 Erststimmen mehr verfallen. Auch über die Landesliste hat Hardt den Einzug ins Parlament mit Platz 22 um einen Platz verpasst; sollte jedoch Armin Laschet seinen Hut nehmen und sein Mandat zurückheben müssen, könnte der Wuppertaler CDU-Mann als erster Nachrücker doch noch das Ticket das Ticket nach Berlin buchen können.
Auch im Wuppertaler Wahlkreis 102 ist für die CDU-Wahlkreiskandidatin an diesem Wahlabend kein sprichwörtlicher Blumentopf zu gewinnen gewesen. Gerade einmal 21,2 % (= 21.960 Erststimmen) hat die CDU-Frau zu ihren Gunsten verbuchen können – rund 12.000 Erststimmen weniger als der SPD-Kandidat und Bundestagsabgeordnete Helge Lindh, der mit 37,3 % (= 54.065 Erststimmen) den Wiedereinzug ins Parlament geschafft hat.
Wahlkreis 103: Ingo Schäfer holt Direktmandat für die SPD
Apropos SPD: Die bergischen Sozialdemokraten haben wahrlich allen Grund zum Feiern gehabt. Vor allem der Sieg Ingo Schäfers im Wahlkreis 103 ist so nicht zu erwarten gewesen und kommt einer Sensation gleich, zumal der Solinger bei der Bundestagswahl vor vier Jahren gegenüber CDU-Mann Hardt noch mit deutlichem Abstand den Kürzeren gezogen gehabt hat. Umso größer die Freude unter den Solinger, Remscheider und Wuppertaler Genossen jetzt, haben sie doch mit der erneuten Nominierung des Klingenstädters zum Wahlkreiskandidaten den richtigen Riecher gehabt. In den Kreisen ist den SPD-Wahlkreiskandidaten der Sprung aufs oberste Stockl zwar versagt geblieben; dennoch hat die „alte Tante“ mit 26,7 % (= 42.413 Zweitstimmen) im Oberbergischen Kreis und 25,2 % (= 44.354 Zweitstimmen) im Rhein-bergischen Kreis ihr katastrophales Abschneiden so gut wie wettmachen können.
Grüne und FDP legen auch im Bergischen zu
Zu den Wahlsiegern zählen auch im Bergischen Bündnis 90 / Die Grünen und die FDP. Dabei haben die Grünen sowohl in den Kreisen als auch im Städtedreieck stark abschließen können. Im Oberbergischen Kreis hat die Wahlkreiskandidatin 12,0 % ( = 15.071 Erststimmen) auf sich vereinigen können; bei den Zweistimmen sind sie mit 12,5 % (= 19.959 Erststimmen) als Vierte, knapp hinter den Liberalen, über die Ziellinie gegangen. Im Rheinisch-bergischen Kreis hat die Öko-Partei bei den Erststimmen 18 % (= 31.607 Erststimmen) auf sich vereinigen können; bei den Zweitstimmen sind es sogar 18,5 % (= 32.302 Zweitstimmen) gewesen.
Auch im gemischten Wahlkreis 103 (Solingen-Remscheid-Wuppertal II.) ist das Ergebnis mit 15,0 % (= 24.497 Zweitstimmen) um 7,8 % besser ausgefallen als bei der Wahl 2017; vor vier Jahren; bei den Erststimmen hat die Öko-Partei 12,9 % (= 20.967 Erststimmen) eingeheimst; der Anteil der Zweitstimmen hat sich auf 12,5% (= 24.294 Zweitstimmen) belaufen.
In Wuppertal (Wahlkreis 102) erreichen die Grünen 13,1 % (= 18.932 Erstimmen); bei den Zweitstimmen kommt die Partei auf 17,5 % (= 25.387 Zweitstimmen) und erreicht damit ihr bestes Ergebnis in der bergischen Region. Auf die Siegerstraße ist auch die FDP eingebogen. Im Oberbergischen Kreis kann der liberale Wahlkreiskandidat 7,9 % (= 15.636 Erststimmen auf sich vereinigen und knapp vor dem AfD-Kandidaten das Rennen als Viertplatzierter abschließen. Bei den Zweistimmen erreichen die Liberalen 12,5 % (= 19.776 Zweitstimmen.
Im Rheinisch-bergischen Kreis holt FDP-Chef Christian Lindner als Wahlkreiskandidat der Liberalen 16,8 % (= 29.570 Erststimmen) und landet damit dennoch nur auf den vierten Platz; der gebürtige Wermelskirchener kann allerdings sein Ergebnis von vor vier Jahren fast einstellen; auch bei den Zweistimmen landen die Liberalen mit 13,9 % (= 24.378 Zweitstimmen) auf dem vierten Platz, hinter den Grünen. Ähnlich haben die Liberalen auch im benachbarten, gemischten Wahlkreis 103 (Solingen-Remscheid-Wuppertal II.) ab; so erreicht die FDP bei den Erststimmen 10,7 % (= 17.405 Erststimmen); bei den Zweitstimmen kann die Partei 12,5 % (= 20.265 Zweitstimmen) erzielen und den Urnengang ebenfalls auf Platz 4 mit großem Abstand vor der AfD abschließen. Im Wahlkreis 102 (Wuppertal I.) hat der FDP-Wahlkreiskandidat mit 13.756 Erststimmen 9,5 % der abgegebenen Stimmen für sich verbuchen können; bei den Zweistimmen sind es sogar mit 15.930 Stimmen 11,0 %, die auf die Liberalen verfallen sind.
Linke stürzen ab
Weitestgehend abgestürzt ist in der bergischen Region die Partei „Die Linke“, die im Oberbergischen Kreis bei den Erststimmen gerade einmal auf 2,9 % (= 4.587 Erststimmen) gekommen und bei den Zweitstimmen mit 5,3 % (= 5.153 Stimmen) knapp über die Fünf-Prozent-Hürde gelangt ist. Im Rheinisch-bergischen Kreis hat die Linke mit 2,8 % bei den Erststimmen (= 4.848 Stimmen) und 3,0 % bei den Zweitstimmen (= 5.211 Stimmen) noch schlechter abgeschlossen. 3,1 % bei den Erststimmen (= 5.099 Stimmen) und 1,8 % bei den Zweitstimmen (= 6.083 Stimmen) hat die PDS-Nachfolgepartei im Wahlkreis 103 (Solingen-Remscheid-Wuppertal) auf sich vereinigen können; und im Wahlkreis 102 (Wuppertal I.) mit 4,7 % bei den Erststimmen (= 6.742 Stimmen) und 5,5 % bei den Zweitstimmen (= 8.055 Stimmen) – was die bergische Region betrifft – ihr bestes Ergebnis einfahren können.
AfD mit leichten Verlusten
Ihr Niveau weitgehend gehalten hat die AfD. Die Rechtspopulisten erreichen im Oberbergischen Kreis bei den Erststimmen 9,5 % (= 15.021 Stimmen) sowie bei den Zweitstimmen 12,5 % (= 19.796 Stimmen). Im Rheinisch-bergischen Kreis hat die Partei mit 5,4 % (= 9.512 Stimmen) bei den Erststimmen leichte Verluste (- 1,8 %) gegenüber dem Bundestagswahlergebnis von vor vier Jahren hinnehmen müssen. Im Städtedreieck hat die Rechtspartei im Wahlkreis 103 (Solingen-Remscheid-Wuppertal II.) 7,6 % der abgegebenen Erststimmen (= 12.335 Stimmen) für sich verbuchen können, bei den Zweitstimmen sind es 7,7 % (= 12.497 Stimmen, die auf die Rechtspopulisten verfallen. Auch in der heimlichen Hauptstadt des Bergischen Landes, in Wuppertal, hat die Partei bei den Erststimmen 8,3 % (= 11.995 Stimmen) und bei den Zweitstimmen ebenfalls 8,3 % (= 12.090 Stimmen) für sich gewinnen können.
Nur marginale Rolle gespielt
Nur marginal ist die Rolle gewesen, die bei dieser Bundestagwahl Parteien wie Die PARTEI oder die Freien Wähler gespielt haben. In allen vier bergischen Bundestagswahlkreisen sind diese weit unter der Fünf-Prozent-Klausel geblieben. Vielleicht klappt’s bei der nächsten Wahl besser. Die ist übrigens schon iam 15. Mai nächsten Jahres. Dann wird in NRW ein neuer Landtag gewählt.
Der Autor: Dirk Wüstenhagen, Politredakteur, bergisch4you